„Was erwartet uns 2017, Olivia?“ „Sag Du’s.“ „Einige wollen die Globalisierung beschneiden, andere sie erhalten. Alle denken mittlerweile, irgendetwas ist bei der Globalisierung aus dem Ruder gelaufen. Grosse Schichten sind ärmer geworden und denken immer radikaler.“ „Es spielen so viele Faktoren zusammen, dass es schwer ist, die Ursachen ausfindig zu machen.“ „Xi Jinping – nicht das ich ihn besonders mag … – meinte in Davos, die Europäer sollten mal auf die Schweiz schauen. Die sind nicht ärmer geworden in der globalisierten Welt und haben sogar noch eine überteuerte Währung.“ „Und was machen die richtig deiner Ansicht nach, Garfield?“ „Das hat er nicht gesagt … Wenn ich die Schweiz anschaue und dann Europa und die USA, dann gibt es da einen grossen Unterschied, der gleich ins Auge fällt.“ „Aha?“ „In der Schweiz sind die Löhne nicht gedrückt worden. Sie sind unverschämt hoch. Ich glaube, Zeitarbeit ist dort ein Fremdwort. In den USA sind bei vielen, insbesondere der mittleren und unteren Mittelschicht die Löhne auf dem Stand von vor 25 Jahren. In der EU ist es nicht viel anders. Dort wo es einen ruinösen Lohnwettbewerb gab, gibt es jetzt keinen Binnenkonsum mehr und das drückt dann noch mehr auf die Löhne. Ich glaube, wir dürfen nicht mehr mit den Löhnen der ganzen Welt konkurrieren, wir müssen mit Wissen, der Qualität von Produkten, Kultur konkurrieren.“
Verdünnte Atmosphäre
„An was denkst du, Olivia?“ fragt mich Garfield beim Frühstück. „Dass sich die Atmosphäre immer mehr verdünnt.“ „Was meinst du mit Atmosphäre? Die Luft um uns herum?“ „Also gestern Abend sah ich im Fernsehen den Film „Die Katze“ mit Simone Signoret und Jean Gabin. Und der Film hatte unglaubliche Atmosphäre. Er hat mich berührt. Nicht nur das Schauspiel, die transportierten Gefühle; das Gesamte, die Stimmung, die der Film ausstrahlt … Du reist im Geist anderswohin.“ „Hm“, brummt Garfield nachdenklich. „Ich hab „Die Katze“ auch schon gesehen. Alles alte Filme, die so ne Wirkung haben. Die letzten der Art stammen vielleicht aus den achtziger Jahren. Ich glaub, ich weiß, was du meinst. Es ist so was wie Farbe. Die alten Filme hatten mehr Farbe, die neuen sind eher schwarz-weiß. Schwer zu fassen, was Atmosphäre ist. Wie entsteht überhaupt Atmosphäre?“ „Meine Vermutung ist, Atmosphäre entsteht dadurch, dass alles, was geschieht, einschließlich unserer Gedanken und Gefühle, um uns herum in einem Feld gespeichert wird, und von uns dann wieder mehr oder weniger deutlich wahrgenommen werden kann. Wenn du alles nur noch flüchtig machst, schnell, schnell, in Fließband-Manier, wie die heutigen Filme, wenn Handlungen und Ereignisse zu schnell und wahllos aufeinander folgen, dann sind die Produkte auch flüchtig, wenig ausgeprägt. Atmosphäre entsteht so kaum mehr, verdichtet sich nicht.“ Garfield kratzt sich mit der Pfote ein Ohr. „Können wir das auch weniger metaphysisch sehen?“ „Das Feld ist ein Feld der Physik, Garfield. Hier geht’s nicht um Metaphysik.“ „Okay, okay. Ich meinte nur, bleiben wir mal an unserer alltäglichen Oberfläche. Könnte es dann nicht auch mit der Globalisierung zu tun haben? „Die Katze“ hat ne ausgesprochen französische Stimmung. In Paris sieht’s aber bald aus wie in Shanghai. Die Franzosen sind bald nicht mehr französisch. Wir sind bald alle gleich.“ „Das würde erklären, dass wir überall bald dieselbe Atmosphäre haben, auch nicht grade tröstlich …“