Regrexit

„Kannst du dir Europa ohne England vorstellen, Olivia? Europa spricht englisch, das ist unsere gemeinsame Sprache! …“ „Schon zu spät.“ „Quatsch, das Referendum ist unverbindlich, das Parlament muss noch zustimmen.“ „Ob die die guts haben, in der EU zu bleiben?“ „Cameron hat schlimmen Mist gebaut. Ganz Europa aufs Spiel zu setzen aus Machterhaltungsgründen. Es wäre am einfachsten, das Parlament lehnt das Referendum ab.“ „Schwierig, die Bevölkerungsmehrheit zu ignorieren. Wenn nur Cameron das Problem wäre.“ „Die EU-Politik muss sich grundlegend ändern, Schluss mit dem Sparwahn. Vernünftige Regelung der Zuwanderung. Unterschiedliche Regeln für unterschiedliche Länder. Kein Land alleine, egal wie stark es ist, bestimmt wo’s langgeht.“ „Ha, wenn alles so einfach wäre.“ „Am schwierigsten wäre es, den Austritt des UK zu bewältigen. 1985 gab es einen Präzedenzfall. Grönland, ein Teil Dänemarks, trat aus der Europäischen Gemeinschaft aus. Das hat sich über mindestens 10 Jahre hingezogen, und in dem Fall ging es nur um ein paar Fischereifragen. Der Austritt des UK dauert dann etwa 120 Jahre. Die Beamten der EU wären schlicht überfordert.“

 

Hit and go anders

Selten bin ich auf Festen. Gestern Abend wurde ich auf eine Party mitgenommen. Mein Begleiter stellte mich als „Autorin“ vor. Um mich herum entspann sich munteres Geschwätz. Es ging darum, dass es immer schwieriger wurde, Profite an der Börse einzustreichen. Hit-and-go: verkaufe, steck den Gewinn ein und hau ab, klappte nicht mehr so recht in einem immer unberechenbareren Markt. „Wie klappt’s denn bei nem Autor so mit dem Hit-and-go? Wie sieht’s mit deinen Profiten aus?“ fragte mich auf einmal einer. Ich biss die Zähne zusammen und beschloss fest, jetzt nur ja nicht zu stottern: „Hit-and-go sieht bei mir, ärhm, etwas anders aus. Ich schreibe ein neues Buch und falle auf die Nase (hit the ground). Dann steh ich wieder auf und mach mich ans nächste Buch (go).“ „A-Aha?“Fallen und wieder aufstehen

 

Mini-Leseprobe 4 aus Luna Park 2, Jahrmarkt der Gier

 

Kapitel 14

Als Zaza, Lorenzo und der König um die Ecke in die Halle bogen, begegneten sie Camel und mir. Wir kamen aus einem anderen Gang, und Zaza und Lorenzo fiel gleich auf, dass wir irgendwie verstört aussahen. In Gegenwart des Königs konnten wir ihnen aber nicht erzählen, was wir erlebt hatten.

Im Salon saß Brauni einsam vor den Sandwiches, in der rechten Hand ein Glas mit einer rosa blubbernden Flüssigkeit, und rülpste. Er sah auch nicht gerade glücklich aus.

Der König führte uns wieder ins Konferenzzimmer, und wir mussten uns eine geschlagene Stunde lang einen Film ansehen, in dem es um die blühende Geschäftslandschaft in „Luna Park Nord“ ging. Um die Steigerung von Gewinn durch Kosteneinsparungen. Um die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts, bei der man Leute beliebig entlassen und zu niedrigeren Tarifen wieder einstellen konnte. Um die vorbildliche Politik der Zentralbank, die schon Wirkungen erzielte, wenn sie nur eine Maßnahme ankündigte, sodass sie die Maßnahme gar nicht mehr durchführen musste. Worum ging es eigentlich bei dem Ganzen, überlegte ich? Um mehr Wohlstand für alle, sollte man meinen. Das war aber nur das scheinbare Ziel. Im Süden ging es nur noch um Schuldenabbau und im Norden in erster Linie um Wohlstand für ein paar grenzüberschreitend handelnde Geschäfte, die dem Süden alles Mögliche verkauften, von Achterbahn-Ersatzteilen bis zu Billigessen für die Süd-Restaurants.

Am meisten litt Brauni. Er musste todmüde sein, nach all den verzehrten Sandwiches und dem getrunkenen Alkohol.

Endlich wurden wir entlassen. Der König begleitete uns in den Schlosshof.

Der Himmel draußen war rabenschwarz.

Geldcomic2

 

Niedriglöhne

Garfield Zeitung lesendGarfield sieht nichtmal hinter der Zeitung hervor, als ich mich an den Kaffeetisch setze. „Europa wird immer ärmer,“ grummelt er. „Der Binnenkonsum ist in den letzten 20 Jahren zusammengebrochen.“ „Was meinst du damit?“ „Im Zuge der Globalisierung sind die Löhne und Gehälter und die Renten und Pensionen gedrückt worden. Sogar die Bundesrepublik ist ein Niedriglohnland geworden. Und jetzt können wir unsre eigenen Produkte nicht mehr kaufen.“ „Du meinst wohl, da die EZB nicht mehr viel wirksamen Handlungsspielraum hat, es sei denn, gewisse gesetzliche Rahmenbedingungen, wie etwa der Maastrichtvertrag, werden verändert, soll die Politik Geld mit dem Helikopter abwerfen?“ „Schnurr. Löhne, Gehälter, Renten …, alles muss rauf.“ „Und wie willst du dann noch in einer globalen Wirtschaft konkurrenzfähig sein?“ „Du machst es mit Steuersenkungen. Nimm die Schweiz, die ist konkurrenzfähig, und im Land selbst sind die Löhne obszön hoch, bei akzeptablen Steuern. Die Kerle sind reich geblieben in einer ringsum verarmenden Welt. Es kann klappen.“ „Hm, Garfield. Und was wären dann akzeptable Steuern für dich persönlich?“ „25 % vom Einkommen würde ich akzeptabel finden und auch zahlen. Da liegt die Schmerzgrenze. Und ab da beginnt für mich die Steuerflucht.“ „Zum Glück musst du als Kater keine Steuern zahlen.“ „Aber du müsstest für mich Steuern zahlen.“ „Wi-wieso? Du bist mir doch nur zugelaufen. Ich wollte dich gar nicht! Ich bin damit, meiner Meinung nach, gar kein Katzenbesitzer  …“ …

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